Eine Stadt als Reallabor

Wie Daten aus der Praxis der Geothermie-Forschung helfen.

Seit elf Jahren nutzt die Universitätsstadt Garching Wärme aus der Tiefe: 2007 wurde die Energie-Wende Garching GmbH und Co KG (EWG) gegründet, 2008 und 2009 fanden zwei Tiefenbohrungen statt. Im April 2011 schließlich konnte die Heizzentrale eingeweiht werden, die zwi-schen dem Garchinger Stadtgebiet und dem Forschungscampus der Technischen Universität (TU) am Wiesäckerbach liegt. Seither versorgt die EWG eine zunehmende Zahl von Privathaushalten wie auch Betriebe auf dem Campus, in Garching und Hochbrück mit Fernwärme. Im Jahr 2021 hat die EWG nach eigenen Angaben eine Wärmeleistung von 62,5 Millionen Kilowattstunden erzeugt.

Die EWG als kommunaler Geothermieversorger stellt ihre Daten für Forschungsprojekte der TU München zur Verfügung, unter anderem dem Lehrstuhl von Thomas Hamacher, Professor für Erneuerbare und Nachhaltige Energiesysteme. Garching dient den Wissenschaftlern dabei sozusagen als Reallabor, in dem sie ihre Werkzeuge und Software testen können. "Je mehr praktische Erfahrungen wir mit konkreten Daten sammeln können, desto besser", sagt Hamacher. Praktiker erweiterten mit ihren Erfahrungswerten zudem den Blickwinkel der Forschung.

Mit Hilfe der Daten der EWG werden beispielsweise sogenannte smarte Verteilnetze getestet. Mit Unterstützung durch künstliche Intelligenz messen die Forscher etwa, wie stark Gebäudenachts tatsächlich auskühlen; dank intelligenter Steuerung können besonders effiziente Konzepte entwickelt werden, wie lange und wie stark Häuser wirklich beheizt werden müssen. "Es geht darum, die richtige Technik am richtigen Ort richtig zu nutzen", sagt Christian Maier, Geschäftsführer der EWG. Idealerweise tragen die Ergebnisse, die die Forscher mit ihren Modellen errechnen, zu einer bayernweiten Strategie für zukünftige Gewinnung und Verteilung von Energie bei.

Quelle: Irmengard Ursula Gnau / Süddeutsche Zeitung

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